Nach 10 Tagen Kung-Fu-Training
10 Tage Training, meistens morgens und abends, täglich 4-6 Stunden, haben ihre Spuren hinterlassen, nicht nur an unseren Kung-Fu-Trainingsschuhen. Wobei sich die preiswerten Feiyue-Schuhe aus China durchaus gut gehalten haben.
So viel Training, Hongkong erkunden, neue Eindrücke und Impulse fürs Kampfkunst-Training aufnehmen und verarbeiten, das hat sich für mich mit dem regelmäßigen Bloggen ein wenig ausgeschlossen. Gleichwohl gibt es aber etliche Themen zu Hongkong, über die es sich zu schreiben lohnt. Diese Stadt ist wahnsinnig vielfältig, gegensätzlich, laut und beeindruckend. Die Eindrücke habe ich gesammelt, viele Fotos gemacht und noch einiges notiert, worüber ich in den nächsten Wochen berichten möchte. Nicht nur über Kampfkunst, Kung Fu und die positiven Effekte für Fitness, Gesundheit und physische Entwicklung, sondern auch über Tipps und touristisches zu Hongkong – vom Straßenverkehr (es gbt sogar wieder mehr Radfahrer) bis zur Hotelunterkunft.
An erster Stelle steht aber der Dank an Si Gung Lam Chun Fai und Niels Kleinert Sifu. Ich trainiere ja schon recht lange traditionelles Hung Gar Kung Fu, war auch schon zweimal in Hongkong aber die beiden Wochen haben mein Training auf ein neues Level gehoben. Ich hätte nicht gedacht, dass ich es schaffe, 10 Tage so durchzutrainieren, vor allem nach längeren arbeitsbedingten Trainingspausen in den letzten Jahren. Meine Vorbereitung der Reise bestand zwar aus viel Training, speziell Kraftausdauer (dazu vieleicht mal separat mehr), aber die Belastung war schon besonders, vor allem die Energie für die tiefen und kraftvollen Stände und Bewegungen konnte ich in dem Ausmaß nicht vorbereiten. Aber mit der täglichen Wiederholung, dem Focus auf Präzision, Kraft und lang anhaltende Belastung bekamen die Bewegungen einen natürlichen, zum Alltag gehörenden Charakter. Ich bin gespannt, ob sich das, zurück in Berlin und Leipzig so fortführen lässt. Die Erfahrung, dass diese Form des konzentrierten Kampfkunst-Trainings möglich ist, war großartig. Dafür und für vieles mehr danke!
Ng Long Baat Gwa Gwan Deui Chaak
Nach dem Training der Gung Gee Fok Fu Kuen (zu der noch einiges zu sagen gibt) ging es endlich los mit der Partnerform zum 8-Trigramm-Stock – Ng Long Baat Gwa Gwan.
Die Bewegungen stammen ursprünglich aus einer Speerform. Der schwere Kriegsspeer wurde im Kloster zu einer Stockform weiterentwickelt und als solche ist sie im Hung Kuen tradiert. Die Langstockformen sind sehr gut für die Entwicklung von Kraft und Verbindung von Körperbewegungen, Armkraft und innerer Energie. Block-, Halte- und Bruchtechniken werden mit dem Stock trainiert, als Prinzip angewendet machen sie aber waffenlose Selbstverteidigung um einiges effizienter.
Nur durch hartes konzentriertes Training kann man sich in die Lage versetzen, einen Angriff zu blocken, mit der nächsten Bewegung den Arm des Angreifers zu brechen und so weitere Angriffe zu unterbinden.
Unser Training startete im Victora-Park immer um 8:30 Uhr. Und es gab bislang keinen trainingsfreien Tag. Dafür haben wir aber an vier Tagen die Baat Gwa Gwan Deui Chaak gelernt und den Ablauf gut verinnerlicht, so dass wir eine gute Basis für das weitere Training gelegt haben.
Die Choreographie besteht aus den wesentlichen Bewegungen, die für Verteidigung und Angriff mit dem Langstock wichtig sind.
Auf den ersten Blick können die Abläufe meditativ wirken, richtig angewendet ist die Selbstverteidigung mit einem Langstock aber sehr effektiv und eben nicht nur Kampfkunst und Tradition.
Zum einen ist es wie schon erwähnt der Transfer in waffenlose Selbstverteidigung, die die Arbeit mit dem Stock so wertvoll für Kämpfer macht. Zum anderen sind es Timing, Distanzgefühl und Schnelligkeit, die in den Partnerformen geübt werden. Hierfür gibt es im Hung Gar Kuen etliche Waffenformen aber auch Handformen, die mit Partner geübt werden.
Speziell beim Bat Gwa Gwan sind es die kraftvollen Kreisbewegungen, mit denen versucht wird den Stock des Gegners zu kontrollieren bzw. in der Verteidigung die Kontrolle zu unterbinden und aus einem Angriff durch die eigene Reaktion in eine vorteilhafte Position für den Gegenangriff zu kommen. Zwei wichtige Prinzipien sind Kontrolle und das sofortige Unterbinden des gegnerischen Angriffs und das Ausnutzen von Kontaktpunkten mit der gegnerischen Waffe.
Je besser die Abläufe sitzen, desto mehr kann der Focus auf Kraft und Schnelligkeit in der Ausführung gelegt werden.
Die ersten Trainingstage in Hongkong – Victoria Park
Für Jetlag hatten wir eigentlich keine Zeit. Nach der Ankunft, wir hatten mittlerweile mehr als 24 Stunden Gesamtreisezeit hinter uns, gab es nach dem Check-in im Hotel eine herzliche Begrüßung durch unseren Großmeister und eine kurze Besprechung zum Trainingsablauf.
Am nächsten Morrgen war Trainingsstart um 8:00 Uhr und das auch gleich mit vollem Einsatz. Die Zeit für das Training ist kostbar und die Gelgenheit, vom führenden Meister des südchinesischen Hung Gar Kung Fu, Lam Chun Fai, zu lernen, bietet sich nicht jedem.
Ich habe zusammen mit meinen Trainingskollegen die essentielle Hung-Gar-Form Gung Jee Fok Fu Kuen wiederholt. Vor dem Großmeister das bereits verinnerlichte zu präsentieren, beteutet eine große Anspannung. Die Korrekturen und Hinweise haben aber erneut Türen aufgestoßen und das Verständnis der Bewegungsmuster, des Krafteinsatzes und der Arbeit mit der eigenen Energie, dem Chi, deutlich klarer werden lassen.
Bis auf einen oder zwei freie Tage werden wir immer morgens und möglichst auch abends trainieren, bei angenehmen 25 Grad und leider auch der typisch hohen Luftfeuchtigkeit.
Die Gung Jee Fok Fu Kuen (wörtlich den Tiger bezähmen und in einem I-Muster laufen) ist eine der vier Säulen des Hung Kuen und ich übe die Form seit etlichen Jahren, entdecke aber immer wieder neue Aspekte. Letztlich hört die Arbeit daran lebenslang nicht auf, da sich die Sicht auf die Bewegung, die Erfahrung aber auch der eigene Körper in einer stetigen Veränderung befinden. Alles Apekte, die sich aber nur beim Üben erschließen. Oder wie Lam Chun Fai Si Gung immer wieder betont: „More practise!“ Die Erkenntnis und das Verständis kommen erst, wenn man das Kung Fu Teil des täglichen Lebens und der eigenen Person werden lässt. Ansonsten macht man „Gymnastik“ oder bewegt sich auf einer rein theoretischen Ebene.
Zum Training der typischen Hung-Gar-Formen wird es noch weitere Posts hier geben. Es stehen ja noch etliche Trainingseinheiten an.
So sieht es übrigens vor meinem Hotel in North Point auf Hongkog Island aus – nicht grade der schicke und saubere Bankendistrict aber Hongkong ist ja eine Stadt der Gegensätze.
Start zur Trainingsreise nach Hongkong am 8.11.2015
In 24 Stunden startet unser Flieger nach Hongkong! Das Training der letzten Wochen stand ganz unter dem Vorzeichen der anstehenden Trainingsreise zu SiGung Lam Chun Fai nach Hongkong.
Die Vorbereitung liegt jetzt hinter uns und eine spannende Zeit in Hongkong vor uns. An dieser Stelle werde ich von der Reise, unseren Erfahrungen und vor allem vom Training berichten. Geplant sind sehr intensive Trainingseinheiten bei Großmeister Lam Chun Fai. Unter anderem werden wir eine essentielle und sehr anspruchsvolle Stock-Partnerform erlernen. Es wird aber sicher auch viele Gespräche über Hung Gar Kuen, Kung Fu und Kampfkunst geben. Aber auch die Stadt Hongkong, ihre Kultur und die einzigartige Verbindung von chinesischer Tradition und Moderne werden wir intensiv erleben.
Vielleicht begegnen wir ja auch dem einen oder anderen Movie-Star des chinesischen Kinos, nicht nur auf der Avenue of Stars.